Auf den Spuren des Postfliegers Marokkos Süden: In Tarfaya lassen sich die „Endlose-Weite-Gefühle" von Antoine de Saint-Exupéry nacherleben Lutz Rädecker 887 words 19 April 2008 Weser Kurier ESSAOUIRA. Die große Leidenschaft Antoine de Saint-Exupérys für das Fliegen begann im tiefen Süden Marokkos. Der Roman „Der Südkurier" handelt von der Leidenschaft des Postfliegers für die bizarre Naturlandschaft Südmarokkos, die unendliche Wüste und die Gefahren in dieser Pionierzeit am Rand der Wüste. Im Herbst 1926 beginnt Saint-Exupéry seine Arbeit als Postflieger für die südfranzösische Compagnie Latécoère. Hier fliegt er regelmäßig die Route Toulouse-Casablanca. Wenig später verkehrt er auf der Strecke Toulouse-Dakar. Einer Strecke, die zunächst über das Mittelmeer und dann über mehrere hundert Kilometer direkt am Atlantik entlang führt. Grandiose Blicke auf das Atlas Gebirge und die Sahara machen den Reiz dieser Strecke aus, heftige Winde im Winter und Küstennebel im Sommer fordern alle Wachsamkeit ein. Vom Pioniergeist getrieben verkehren die Postflieger mit ihren offenen Doppeldeckern entlang der Küste. Geflogen wird mit Kompass und nach Sicht. Viele Flieger stürzen ab, manche verschwinden komplett mit dem Flugzeug, andere geraten nach Abstürzen in Gefangenschaft, wie der Roman des Autoren des Kleinen Prinzen in seinem ersten Fliegerroman schildert. Als Saint-Exupéry am 19. Oktober 1927 als Flugleiter nach Tarfaya kommt, befindet sich an dem von den Franzosen benannten Cap Juby ein verwittertes Wüstenfort und ein kleiner Flugplatz mit ein paar alten Holzbaracken. In den folgenden Monaten lebt Saint-Exupéry mit einigen französischen Mechanikern und Berbern, die das Fort bewirtschaften, an diesem gottverlassenen Ort am Rand der Wüste auf der Luftstrecke Toulouse-Dakar. Die Tage in der Einsamkeit beflügeln seine Fantasie und seine Sehnsucht nach Stille, viele Aufzeichnungen und Reflektionen sammeln sich in einem alten Schreibtisch an. Als er nach 14 Monaten nach Toulouse zurückberufen wird, feiert ihn seine Zunft für spektakuläre Such- und Rettungsaktionen nach verschollenen Flugzeugen, die Eindrücke und Erkenntnisse in der Einsamkeit der Wüste beschäftigen ihn noch über Jahre hinaus. Im zweiten Weltkrieg arbeitet der durch Flugunfälle bereits gesundheitlich beeinträchtigte Saint-Exupéry als Offizier der Reserve und emigriert nach der Besetzung Frankreichs in die USA. Dort schreibt er seine ersten Romane, 1943 erscheint das Buch, das Antoine Saint-Exupéry zwei Jahrzehnte später Weltruhm einbringt: Der kleine Prinz. Wieder zurück auf dem alten Kontinent startet er am 31. Juli 1944 auf Korsika mit einer P-38 Lightning zu seinem letzten Flug von dem er nicht zurückkehrt. 2003 haben Taucher vor der Küste Marseilles Flugzeugteile gefunden, die die Flugzeug-Seriennummern seiner Maschine tragen. Die Ursache des Absturzes konnte nie geklärt werden. Die „Endlose-Weite-Gefühle" des ehemaligen Aeropostale-Fliegers Antoine de Saint-Exupéry in Tarfaya können immer noch gut nachvollzogen werden. 380 staubig-sandige Kilometer von Guelmim entfernt kann hier die Westsahara vorgekostet werden, nach Dakhla ist es von hier mit dem Auto nur noch eine Tagesreise. Eine Region, in der der Weg bereits das Ziel ist. Ein von feinem Sand verklebte Plastik des Modells einer alten Propellermaschine erinnert in Tarfaya an den berühmten Autoren. Nicht unweit zischt der brausende Atlantik. Die Atlantikküste in Südmarokko ist einer der faszinierendsten Küstenabschnitte Nordafrikas. Kilometerlange Strände, aussichtsreiche Klippen und unendlich lange Dünen können hier zu Fuß, mit Araberhengsten oder auf Kamelen entdeckt werden. In kleinen Orten finden sich preiswerte und freundliche Unterkünfte. Mit dem Auto kann tagelang fernab der Zivilisation die Küste entlang gereist werden, während sich über lange Abschnitte der Horizont im Westen mit den Weiten des Atlantiks vereinigt. Als in den achtziger Jahren zwischen Essaouira und Agadir die windverwöhnten Surfer aus dem südspanischen Cadiz hier quasi strandeten, um in Bussen das Winterhalbjahr zu verbringen, glaubten die städtischen Marokkaner aus Agadir und Marrakesch nicht ihren Augen zu trauen: Die Surfer lebten in einer ihnen eher unwirtlich erscheinenden Natur ohne jeglichen Komfort zwischen Atlantik, Strand und Fischerdörfern. Es war eine Zeit, in der Agadir seinen ersten touristischen Boom bereits durchlebt hatte und in Essaouira europäische Musiker und Künstler Spurensuche bei den Gnaoua-Musikern begannen. Die alten Städte im Inland mit ihren undurchdringbaren Medinas wurden bestenfalls stundenweise aufgesucht und le grand Sud schien unerreichbar; die von Agadir über hunderte von Kilometern nach Süden verlaufende Küstenstraße nach Dakhla war kaum befahren. Sicherlich wäre es immer noch ein Abenteuer mit einer P-38 Lightning die Küste entlang zu fliegen. Aber auch mit gemietetem oder eigenem Auto bleibt viel Raum für Abenteuer. Bereits zwei Autostunden von Agadir kann südlich von Tiznit in Bou-Izakarr die große Südost-Route parallel zur algerischen Grenze nach Foum-Zguid und Zagora erkundet werden. Westlich von Gulemim kommen Offroad-Freunde und Enduro-Motorbiker auf einem weiten Netz von Pisten voll auf ihre Kosten. Der nahe Plage Blanche ist einer der längsten und unberührtesten Strände des ganzen Landes. Eine atemberaubende Piste verbindet Fort Bou-Jerif mit Sidi Ifni. Tausende von migrierenden Vögeln können hier im Frühjahr und Herbst beobachtet werden. Eine großartige Natur ist auch in den Ausläufern des Anti-Atlas noch greifbar nah, die Gegend um Tafraoute mit seinen bizarren Felsformationen ��" Heimat der Schlöh-Berber -��"ist touristisch immer noch wenig erschlossen. Die Region ist eine Domäne für Biking und Trekking. Mit Mut und Laune kann man hier tagelang unterwegs sein ohne Spuren der Zivilisation zu begegnen. Nomadenzelte und kleine Dörfer wirken wie Zeugen einer vergessenen Zeit. GUT ZU WISSEN Reiseführer : „Marokko" von Erika Därr. Auskunft: Staatliches Marokkanisches Verkehrsamt, Graf-Adolf-Str. 59,40210 Düsseldorf, Telefon: 0211-3705515 3547966 Document WESKU00020080419e44j000g5 |