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Vom Atlas zum Atlantik
Added On : 20 October 2009
  

Reisen und Freizeit

Vom Atlas zum Atlantik; Der südliche Teil Marokkos zeichnet sich aus durch eine betörende Vielfalt
Lucie Paska Eine Wasserscheide Fern der Zivilisation Perfekte Filmkulisse
971 words
16 October 2009
Neue Zürcher Zeitung
NEUZZ
60

Die Reise durch Südmarokko führt durch ein Land der Gegensätze: Bevor man an den weiten Stränden des Atlantiks ankommt, trifft man auf überquellende Märkte, einsame Wüstenstriche, üppige Flussoasen und karge Kakteenlandschaften.

Der Verkehr ist flüssig auf der Ausfallstrasse von Marrakesch in Richtung Süden. Bald schon erreichen wir die ersten Ausläufer des Hohen Atlas. Als sich die Kleinlastwagen und staubigen Autos vor uns unvermittelt zu stauen beginnen, entdecken wir hinter dem Vorgebirgsdorf Asni ein riesiges Zeltdorf an einem leicht ansteigenden Hang. Flüchtlinge? Eine politische Veranstaltung? Nein, es ist der wöchentliche Berbermarkt. Misstrauische Blicke begleiten uns, als wir uns ins Menschengewühl begeben. Wir zwängen uns zwischen Bergen von Gemüse, Biskuits, Salz und Plasticschuhen hindurch, die sich auf Jutesäcken direkt auf dem Boden oder auf wackligen Tischen bis zu einem Meter hoch türmen. Es geht nicht lange, da schnappt sich uns auch schon ein Führer und lotst uns routiniert durchs Gedränge. Wie jedoch zu erwarten, wird seine Miene drohend, als wir am Schluss des Rundgangs seinen überteuerten Schmuck nicht kaufen und ihm nur etwas für seine Dienste geben wollen.

Ein schaler Nachgeschmack trübt noch für eine Weile die Bilder der nun immer rauer werdenden Bergwelt. Die Luft ist kühl und scharf. Hinter den kahlen grauen Bergrücken, die uns die Sicht versperren, lässt sich der über 4000 Meter hohe Toubkal erahnen, der höchste Berg Marokkos. Die Nacht, die wir auf dem auf über 2000 Metern gelegenen Tizi-n-Test-Pass verbringen, wird eisig. Wir haben den Trick, wie man die Gasheizung im Camper in Betrieb setzt, noch nicht heraus.

Der Morgen entschädigt uns für die durchfrorene Nacht mit einem überwältigenden Weitblick ins fruchtbare Sous-Tal, die Kornkammer des Landes. Aus den samtgrünen, gewellten Ausläufern des Atlasgebirges weitet es sich in westlicher Richtung sanft bis zum Atlantik. Die grosszügigen Serpentinen der schmalen Bergstrasse sind wie mit einem Messer ins weiche Fleisch der Bergflanken gezogen.

Sie schlängelt sich durch steil abfallende Bergwiesen voller Salbei, Rosmarin und Ginsterbüsche. Auf lichte Arganienhaine folgen im topfebenen Talgrund dichte dunkelgrüne Mais- und strohfarbige Getreidefelder, die die schnurgeraden Teerstrassen säumen. So queren wir das Tal in einem Zug und lassen uns mit Schwung auf der anderen Talseite wieder auf den breiten Rücken des Antiatlas hochtragen. Als der Abend sich senkt, bleiben die letzten Siedlungen hinter uns, und wir erreichen die Vorposten der Wüste: Die in goldenes, weiches Licht getauchte Landschaft reduziert sich auf bizarre Bergsilhouetten, breite, trockene Flusstäler und vereinzelte schwarze Palmen. Ein befreiendes Gefühl von Bedeutungslosigkeit steigt in uns auf, als wir einsam auf dem schmalen Teerstreifen durch eine Kulisse von riesigen Dimensionen in die Dunkelheit fahren.

Nach den vielen Strassenkilometern legen wir in der Flussoase Amtoudi einen Wandertag ein. Über dem Taleingang thront wie ein Adlerhorst eine riesige befestigte Speicherburg, ein Agadir. Die üppige, blühende Vegetation, durch die sich ein gurgelnder Wasserlauf schlängelt, die heiteren Menschen, die friedliche Stimmung in den Dörfern - all dies gemahnt an ein Stück Eden in dieser höllisch heissen Wüste. Unsere Bachwanderung führt uns auf Trampelpfaden durch kleine, von hohen Eukalypten und Dattelpalmen beschattete Gemüsefelder, vorbei an Zisternen voller Gequake, Gezirpe und Gezwitscher. Je höher wir steigen, desto grösser werden die Geröllblöcke in der sich verengenden Schlucht. Kaskaden, tief in den Fels gewaschene Rinnen und flache Wannen laden zum kühlenden Bade. Nach rund drei Stunden Weg weitet sich der Himmel wieder, und wir gelangen auf ein staubtrockenes Hochplateau, wo der Wasserlauf wie von Zauberhand aus einem Kiesbett sickert.

In Guelmim, auf halber Strecke zum Meer, streiken die Geldautomaten, ausserdem herrscht wegen Lieferschwierigkeiten Dieselmangel. Trotzdem gelingt es uns, an der dritten Tankstelle des Ortes die letzten noch verfügbaren Liter zu ergattern. Erleichtert verlassen wir den verstaubten Ort Richtung Westen auf einer nigelnagelneuen Teerstrasse. Sie zeugt von der Absicht der marokkanischen Regierung, die Atlantikküste touristisch besser zu erschliessen. Nach fünfzig Kilometern flotter Fahrt durch eine Kakteenlandschaft endet die schwarz glänzende Strasse abrupt und damit auch die vorerst laut propagierte Erschliessung.

Also rumpeln wir die letzten paar Kilometer auf der Schotterpiste weiter bis zum Steilabbruch über dem Strand. Zu unseren Füssen liegen ein paar riesige Dünen, links davon eine breite Flussmündung und dahinter die Plage Blanche: ein Hunderte von Kilometern langer Sandstrand ganz für uns allein. Als nach wenigen Tagen unsere Wasser- und Lebensmittelvorräte zur Neige gehen, kehren wir nur ungern in die Zivilisation zurück.

Der Atlantikküste entlang fahren wir nun nordwärts und erreichen bald die ehemalige spanische Kolonie Sidi Ifni. Der koloniale Stadtkern, der mit einem Potpourri von europäischen und arabischen Architekturstilen verblüfft, würde eine perfekte Kulisse für einen Dreissiger-Jahre-Film abgeben. Doch die Grandezza Sidi Ifnis ist Vergangenheit. Neben der etwas museal wirkenden Altstadt hat sich echtes marokkanisches Leben niedergelassen. Hier quillt der Suk jeden Abend über von Früchten, Fleisch und feilschenden Menschen. Die Teehäuser und Imbissstuben, wo Tajines auf Kohlebecken brodeln und Fisch auf dem Grill brutzelt, sind meist bis auf den letzten Platz besetzt.

Die Morgen an der felsigen Küste sind zuweilen diesig, geheimnisvoll und melancholisch. Erlauben es die Gezeiten, ist dies der beste Moment für eine Strandwanderung am Fuss der roten, steilen Klippen. In Legzira, wenige Kilometer nördlich von Sidi Ifni, haben die Wellen riesige Torbögen in die zerklüfteten Felsrippen gewaschen, unter denen man hindurchspazieren kann. Hier ist die staatlich verordnete Erschliessung der Küste bereits fortgeschritten: Auf der Klippe oberhalb des attraktiven Strandabschnitts planieren dröhnende Bulldozer eine Bauparzelle für ein riesiges Feriendorf.

Je weiter nordwärts wir fahren, desto besiedelter wird die Küste. Nach einer Nacht in Agadir, dem Eldorado für Familien und Liebespärchen, und einer Mittagsrast in einem ärmlichen, verregneten Bergdorf im Hohen Atlas, wo verkrüppelte Katzen und zerlumpte Gestalten um unseren Tisch schleichen, erreichen wir auf der Direttissima wieder Marrakesch übervoll von verstörend gegensätzlichen Eindrücken.

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